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Dirk Halm Yunus Ulusoy
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Veröffentlicht Feb 9, 2022

Abstract

Auf der Grundlage von sieben Gruppendiskussionen werden politische Einstellungen und Konflikte in der türkischen Community in Deutschland exploriert. Dabei erweist sich, dass Einflüsse und Konflikte des Herkunftslandes zwar eine Rolle spielen, in der Wanderungssituation aber Veränderungen unterliegen. Dieser Befund steht im Gegensatz zur verbreiteten öffentlichen Wahrnehmung, die einen ›Konfliktimport‹ aus der Türkei nach Deutschland und damit verbunden desintegrative gesellschaftliche Entwicklungen fürchtet. So vermischen sich auf die Türkei bezogene politische Einstellungen mit Benachteiligungserfahrungen in Deutschland und es entwickeln sich Konflikte, die nur vor dem Hintergrund der Wanderungssituation verständlich werden. Dies gilt sowohl für Konflikte innerhalb der Gruppe als auch in der Interaktion mit dem politischen Mainstream in Deutschland.
Die Ergebnisse sind unter anderem an die politische Bildung anknüpfbar: Politische Interessen und Beteiligungsbedarfe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind aufgrund bleibender grenzüberschreitender Orientierungen spezifisch, während zugleich der Erfolg von politischen Bildungsmaßnahmen nicht ohne Berücksichtigung der von Eingewanderten in Deutschland erfahrenen Benachteiligung zu gewährleisten ist.


Patterns of Attitudes and Conflict among Politically Engaged Citizens of Turkish Origin in Germany


Political attitudes and conflicts in the Turkish community in Germany are explored on the basis of seven group discussions. It emerges that influences and conflicts from the country of origin do play a role, but undergo changes during migration, in contrast to the widespread public perception involving fears of a ›conflict import‹ from Turkey to Germany and associated social trends of deintegration. Accordingly, political attitudes which relate back to Turkey mix with experiences of discrimination within Germany, and conflicts develop that can only be understood against the background of migration. This applies both to ingroup conflicts and in interactions with the political mainstream in Germany.
Amongst other things, these findings can be linked to civic education: people with a migrant background retain attitudes and affiliations from their home countries, which do give them specific political interests and demands for involvement; at the same time, success cannot be secured for civic education measures without taking into account the discrimination that immigrants have experienced within Germany.

Schlagwörter

Transnationalismus, Konflikte, politische Einstellungen, Türkeistämmige, Deutschland